St. Gallische Kulturstiftung

2022, Frühjahr

Otmar Elsener

  • aus Rorschach
  • Anerkennungspreis über Fr. 15000.– für die Region Rorschach
  • Sparte: Lokalhistoriker und Alltagsforscher

Urkunde

Otmar Elsener erzählt die Geschichte des 20. Jahrhunderts in der alten Industriestadt Rorschach in einer Art, welche über normale Lokalhistorie hinausgeht: begeistert, präzis erinnert und sorgfältig recherchiert. Die Beiträge erzählen von Alltäglichem und Kleinem, berichten aber auch von viel grosser Welt in der kleinen Stadt. Wegen der Liebe zum Detail und der literarischen Qualität ist sein Werk exemplarisch: Baustein einer Geschichte des Schweizer Alltags. Aus seinen Büchern und Beiträgen in Zeitungen und Jahresheften wächst Verbundenheit mit der kleinen Hafenstadt, welche im Verlaufe der Zeit viele Aufschwünge und Niedergänge gesehen hat. Seine Rorschacher Geschichten schärfen nicht nur den Blick zurück. Sie eröffnen auch Aussichten nach vorn: Was gewesen ist, könnte wieder sein, im Schlechten wie im Guten.

 

Laudatio resp. Gespräch Thomas Birri, Stiftungsrat, mit Otmar Elsener

 

Begrüssung
Ich habe mich mit Otmar Elsener zu zwei Vorgesprächen getroffen: Bei ihm zu Hause, am Esstisch mit Blick über die Rorschacher Bucht, zuhören, nachfragen und diskutieren, verstehen wollen. Dabei wurde klar, dass man das anerkennungswürdige Werk von Otmar Elsener in einem Gespräch weit besser vorstellen und würdigen kann als in einer Laudatio. Ich danke Ihnen, Herr Elsener, dass Sie sich dazu bereit erklärt haben und wir nun unsere lebhaften und substanziellen Gespräche vor Publikum fortsetzen können.

 

Biografie
Kann man die Bedeutung eines Werks einschätzen, ohne die Biografie einer Künstlerin oder eines Autors zu kennen? Je nach Werk muss diese Frage wohl anders beantwortet werden. Bei Otmar Elseners Werk liegt die Antwort jedoch auf der Hand: Seine Biografie zu kennen, ist wichtige Voraussetzung, um sein Werk einschätzen und anerkennen zu können. Darum in Kurzform, nah am O-Ton von Otmar Elsener.

 

  • – Jahrgang 1934
  • – Aufgewachsen in Rorschach im Gut-Quartier, Servalat-Quartier nahe der Roco-Konservenfabrik, der heutigen Brauerei Kornhaus.
  • – Ein «Seebueb» jederzeit neugierig, der fast immer rennend unterwegs war, viellesender Schüler, der in der Stadtbibliothek ausnahmsweise nicht nur ein, sondern zwei Bücher pro Woche ausleihen durfte.
  • – Banklehre beim Bankverein
  • – 1955, nach der Lehre mit knapp 20 Jahren Auswanderung nach New York, ohne Job. Arbeit in einer Stickerei zuerst im Mittleren Westen, später auch in New York, abends zur Lohnaufbesserung auch an der Stickmaschine, in die US-Army eingezogen und für 2 Jahre in Italien stationiert.
  • – 1964 Rückkehr nach Rorschach, Fortsetzung der Tellerwäscher-Karriere bei Rohner Stickerei bis zum Leiter der Abteilung Stickerei.
  • – Zitat: «Ich liebe Rorschach, und wann immer ich nach Auslandreisen auf die Hafenmauer ging, wusste ich: Hier bin ich zu Hause. »
    • – 2011: Rorschach: Geschichten aus der Hafenstadt
    • – 2015: Wartegg: Schloss und Menschen – Episoden aus sechs Jahrhunderten
    • – 2017: Rorschach: Geschichten aus der Region1999: Pensionierung und Veröffentlichung von regionalhistorischen und aktuellen Beiträgen zuerst für die Rorschacher Ausgabe des St.Galler Tagblatts, später auch in Buchform oder in den Jahresheften des Kulturhistorischen Vereins der Region Rorschach:

Lieber Herr Elsener: Wahrscheinlich gäbe es jetzt aus Ihrer Sicht noch einiges zu präzisieren, zu ergänzen oder gar zu negieren an diesem Kurzabriss. Das aber lassen wir für heute.

 

Wie es begann
Seit mehr als 20 Jahren beschreiben Sie in Ihren Beiträgen das Alltagsleben von Rorschacher/-innen, recherchieren zu vergessenen Ereignissen, nicht mehr existenten Gebäulichkeiten oder verdienstvollen Persönlichkeiten, welche die Entwicklung der Region Rorschach vorangetrieben haben.

 

Wie kam es dazu?
Fotoarchiv des Vaters
–  Fritz Bichsel
–  Lust am Schreiben

 

Beispiel: Brief der Rorschacher Mädchen an den Bundesrat
In einer Ihrer Recherchen sind Sie auf dieses historisch interessante Dokument gestossen. Was hat es damit auf sich?

 

Epilog
Im Vorwort Ihres ersten Buchs schreiben Sie: «Von der Nostalgie hat man noch nicht gelebt. Aber hoffentlich gerne gelesen». Die vielen Zuschriften und Reaktionen von Rorschacher/-innen und Auswärtigen, Laien und Fachleuten bezeugen, dass Ihre Artikel und Bücher mit grossem Vergnügen gelesen werden. Diese sind jedoch auch wichtige und lebendige Zeitdokumente, welche das Alltagsleben in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebnishaft beschreiben, die Aufschwünge und Niedergänge der Industriestadt Rorschach exemplarisch aus der Innensicht schildern sowie Vergessenes und Bedeutsames be- und ausleuchten. Für Ihr vergnüglich-bedeutsames Werk verleiht Ihnen die St.Gallische Kulturstiftung den Anerkennungspreis.