Im Lebenswerk von Max Aeberli hat die Musik eine verbindende Kraft. Er bringt die Menschen und ihre Welten gemeinsam zum Klingen. Mit faszinierendem Feingespür versetzt er verschiedene Talente in Schwingung und begeistert Sänger/innen, Musiker/innen wie Zuhörer/innen. Er dirigiert mit gewinnendem Charisma, lebensfreudigem Humor und überzeugender Leidenschaft grossformatige Klangwelten und experimentiert mit neuen Werken. Aeberli meistert mit grossartiger Energie spartenübergreifende Projekte, vereint Chöre mit professionellen Orchestern, durchwandert Grenzen, vermittelt Gesangskunst in feinen Netzwerken und dirigiert emotionale Geschichten in besonderen Atmosphären. Seine Noten lernen laufen und seine Musik wird Klang, der berührt, bewegt, erfreut und verändert. Die St.Gallische Kulturstiftung ehrt Max Aeberli in höchster Wertschätzung mit dem Kulturpreis 2020.
Maximilian möchte ich ihn heute nennen, denn sein Format ist überragend, da sind mir die drei Buchstaben seines Vornamens Max zu wenig. Der Name Maximilian hingegen geht auf das Lateinische, auf Maximilianus, einer Erweiterung von Maximus, in der Bedeutung „der Grösste“ zurück. Und da sind wir nun, wo ich möchte, nämlich beim Format unseres heutigen Kulturpreisträgers – beim grossen Format. Und dies in vieler Hinsicht. Um etwas volksnaher zu werden, bezeichne ich ihn als «Pfundskerl».
Nicht jedoch wegen seines physischen Auftritts, vielmehr liegen seine Pfunde auf den Konten der Sensibilität, seines musikalischen Könnens, seiner humorvollen, aber stringenten Vermittlungsweise, seiner verbindenden Kraft, Menschen jeden Alters gegenüber, seiner Kreativität und Schöpfenskraft und nicht zuletzt seiner Nähe als Freund. Nach Duden ist ein Pfundskerl immer ein grossartiger Mensch, auf den man sich verlassen kann.
Maximilian suchte neue Herausforderungen bis zuletzt. Die Musik ist für ihn seit dem Berufsstudium an der Akademie für Schul- und Kirchenmusik in Luzern (heute Musikhochschule Luzern) ganz zum Lebensinhalt geworden. Begegnungen und Weiterbildungen, z.B. bei Helmut Rilling und Wilhelm Ehmann oder auch die langjährige Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Kurt Pahlen vertieften sein musikalisches Wissen und seine pädagogischen Fähigkeiten.
Gerne erinnert er sich an die intensiven, beglückenden Zeiten mit dem Chor Cantate Jona, dem Sängerbund, respektive den Stadtsängern Rapperswil, dem Kirchenchor Eschenbach SG, mit dem von ihm gegründeten Kinderchor Hombrechtikon, den Jugendchören in Eschenbach und in Jona und mit cantacanti, dem Chor der Kantonsschule Wattwil. Bis zu seiner Pensionierung 2014 wirkte Max Aeberli zudem an der Kantonsschule Wattwil als Hauptlehrer für Musik.
Noch geniesst er weiterhin die Arbeit mit dem Teamchor Jona, und dem Vokalensemble Dilettanti und es bleibt Zeit für das Klavier- und Orgelspiel. Vor 30 Jahren war er massgebend an der Gründung der Musik- und Kurswochen Arosa beteiligt. Die Leitung des Festivalchors Arosa liegt noch heute in seinen Händen.
Ende 2020 übergibt Max Aeberli den Teamchor Jona. Ganz im Sinne der Lebensweisheit «Alles hat seine Zeit» hadert er aber nicht mit diesem Schritt und sagt: «Ich freue mich auf die Erleichterung und blicke zurück in grosser, vielfältiger Dankbarkeit. Es war mir vergönnt, den Teamchor Jona über all die Jahre erfolgreich zu leiten, den Bestand mit über 50 Sängerinnen und Sängern gleichmässig hoch und die Altersstruktur für die Zukunft fit zu halten. Jetzt darf ich unzählige, auch unglaublich musikalische und menschliche Sternstunden als Erinnerung mitnehmen – darin werde ich schwelgen.»
Nach 2000 führt der Teamchor Jona das Jahrhundertwerk Carmina Burana von Carl Orff zum zweiten Mal auf. Legendär war die damalige Openair-Aufführung vor 3000 begeisterten Zuhörenden auf dem geschichtsträchtigen Rapperswiler Hauptplatz, inmitten einer herrlich passenden Kulisse, abgerundet durch ein Feuerwerk am Fusse des Schlosses zum letzten Teil des Werkes.
Bereits damals wurde bewusst der aussergewöhnliche Aufführungsort gesucht – mit dem jetzt gewählten Lokdepot Rapperswil schliesst sich auch hier der Kreis: Qualitativ hochstehende Chorkultur mit einzigartigen Werken in einer faszinierenden Aufführungskulisse.
Sie könnten sich nun fragen, warum ich mich so sehr auf die Aufführung der Carmina Burana einlasse. Natürlich ist das nicht nur einfach ein grossartiges Werk, insbesondere für Chöre. Es ist für mich ein Schlüsselwerk in meiner Musikbiografie. Als Seminarist in Küsnacht am Zürichsee durften wir das Werk nämlich aufführen. Ich war Chorsänger mit Solopartien. Engagiert hatte Karl Scheuber, unser Musiklehrer von damals, den grossartigen Sänger Kurt Widmer aus Basel. Widmer selbst war nebst seiner Sängertätigkeit ein bedeutender Gesangspädagoge. Auch seinen Sohn Oliver hatte er ausgebildet. Diesen lernte ich später am Opernhaus Zürich persönlich kennen, war auch privat bei ihm und seiner Frau Cecilia Bartoli eingeladen. Kurt Widmer hat mir sozusagen die Türe in die Opernwelt aufgestossen und so besuchte ich fortan Sologesangsstunden bei Andreas Juon, mit dem wir auch kleine Opern zur Aufführung brachten.
Sie sehen nun, welche Wirkung ein solches Erlebnis, ein Mitwirken bei der Aufführung von Carmina Burana, für einen jungen Menschen zeitigen kann. Ich bin sehr dankbar dafür und so spreche ich heute bestimmt für hunderte von Schülerinnen und Schülern, Chorsängerinnen und Chorsängern, die bei Maximilian Aeberli studiert und mit ihm musiziert haben.
Es freut mich ganz besonders, dass es mir heute vergönnt ist, diese grosse Musikerpersönlichkeit mit dem Kulturpreis der St.Gallischen Kulturstiftung zu ehren.
https://www.carminaburana.ch/max-aeberli-dirigent-und-musikpaedagoge