St. Gallische Kulturstiftung

2001, Frühjahr

Elisabeth Heck

  • aus Rorschach
  • Anerkennungspreis über Fr. 10000.– für die Region Rorschach
  • Sparte: Lyrikerin

Urkunde

Mit der Verleihung eines Anerkennungspreises würdigt die St. Gallische Kulturstiftung Elisabeth Heck für ihre Kinder- und Jugendbücher, mit denen sie Generationen von Schulkindern erfreut und bereichert hat und für ihr lyrisches Werk, mit dem sie seit über zwanzig Jahren ihre stille, aber nicht überhörbare Stimme erhebt.

 

Laudatio von Elisabeth Keller-Schweizer, Stiftungsratspräsidentin

Ich begrüsse Elisabeth Heck im Namen der St.Gallischen Kulturstiftung herzlich. Just im rechten Moment ist ihr neues Gedichtbändchen „Anderswohin“ im Verlag Ivo Ledergerber herausgekommen. Schriftstellerinnen und ganz besonders Lyrikerinnen, haben es alles andere als leicht, Gehör zu finden, zuerst bei Verlegern und danach bei den Lesern, ist es doch verhältnismässig eine kleiner Kreis, der sich für Lyrik interessiert. Seit 1981 „Übergangenes“, ihr erstes Gedichtbändchen, erschien, sind in unregelmässigen Abständen weitere herausgekommen:

 

  • 1982: „Aus dunklen Kernen“
  • 1989: „Tropfen auf Stein“
  • 1995: „Hauch in die Kälte“
  • 2000: „Immer mehr daneben stehn“
    und jetzt wie gesagt 2001: „Anderswohin“ oder „Verso l’altrove“ in der italienischen Übersetzung.
    Allesamt sind es bibliophile Bändchen, in handlichem Format, die man gerne zur Hand nimmt und auch gerne mal weiterschenkt. Sie haben mich begleitet all die Jahre.

 

Elisabeth Heck ist in St.Gallen geboren und aufgewachsen, hat da als Lehrerin und Sprachtherapeutin ein Leben lang gearbeitet, bevor sie nach ihrer Pensionierung 1994 nach Rorschach zog, um näher beim See zu sein, in dem sie nach Möglichkeit täglich, sommers und winters, schwimmt. Der See ist denn auch ein grosses Thema in ihren Gedichten. „Mein See“ heisst ein Büchlein, das der St. Galler Lehrer Traugott Zettler zusammen mit seinen Schülern von Hand gesetzt und gedruckt hat. Bis jetzt hat er vier solche thematischen Bändchen mit Gedichten von Elisabeth Heck mit seinen Schülern gestaltet: „Bäume“, „mein See“, „mein Wald“ und „Steine belebt“. Die jedes Mal von Ruth Kerner illustrierten Büchlein sind kleine Kostbarkeiten, die zeigen, dass Elisabeth Heck in der Schule noch gelesen wird, für die sie Vieles geschrieben hat.

 

Elisabeth Heck hat immer geschrieben. Nach der romantischen Liebeslyrik der Jungmädchenzeit vor allem für ihre Schüler. Ihre ersten Kinderbuchtexte hat sie zuerst für den Unterricht geschrieben, dort gebraucht und erprobt, bis sie als Bücher gedruckt wurden. „Der junge Drache“, vielleicht das am meisten gelesene, hat die 11. deutsche und sage und schreibe die 20. spanische Auflage erlebt. Es ist in die verschiedensten Sprachen übersetzt worden, ins Gälische und erst kürzlich ins Koreanische, nachdem es schon ins Japanische übertragen worden war. Die dichtende Lehrerin also: keine Seltenheit wie wir wissen – ich erinnere nur an Evelyn Hasler und Helen Meier, um nur zwei der bekannten zu nennen. Die Gedichte von Elisabeth Heck, um wieder auf die sogenannte Erwachsenenliteratur zurückzukommen, sind wohl am besten mit dem Begriff Naturlyrik zu umschreiben: Die Natur als Metapher für menschliches Schicksal. In sehr konzentrierter Form gelangt Elisabeth Heck mit Wörtern dorthin, wo man sonst selten hinkommt. Vielleicht an jene Grenze, die ans Unaussprechliche rührt. Diese Bindung – lateinisch Religio – zwischen Mensch, Natur und dem Übergeordneten zu formulieren, in Worte zu fassen, ist Elisabeth Hecks unermüdlicher Antrieb als Lyrikerin. Zwei Dreizeiler nur mögen dies verdeutlichen:

 

Wohin gehen sie
wenn aus ihren Spuren
Blumen blühen

 

Gefällter Baum
verwurzelt
in dir

 

Interpunktion gibt es nicht – auch keine Fragezeichen, die man vielleicht erwarten würde. Erika Burkart, die Doyenne der Schweizer Lyrikerinnen, hat ihre Bewunderung für die Gedichte von Elisabeth Heck wie folgt ausgedrückt: „Ihre Gedichte, die sprachlich schwebenden Gebilde, haben ihr Eigen-Gewicht, also Substanz“. Diesem Urteil einer Dichterkollegin möchte ich zustimmen, aber eigentlich nichts hinzufügen. Die Lyrik ist vielleicht Elisabeth Hecks gewichtigste sprachliche Äusserung, wenn man sie selber aber fragen würde, bin ich mir nicht so sicher, ob sie damit ganz einverstanden wäre. Vielleicht gibt es für sie keinen Gewichtsunterschied zwischen Kinder- und Erwachsenenliteratur.

 

Damit komme ich zum anderen Teil ihrer Schriftstellerei, mit dem sie zeitweise vielleicht am bekanntesten geworden ist. Welches Kind hat nicht eines ihrer vielen SJW Büchlein gelesen, und welches St.Galler Schulkind nicht eine ihrer Lesungen genossen? Bruno Steinlin, der unermüdliche Organisator dieser Lesungen und Förderer der Jugendliteratur schlechthin, hätte diesen Preis nach Meinung von Elisabeth Heck mindestens so verdient wie sie selber, meinte die Dichterin mir gegenüber und gab damit ein Beispiel ihrer grenzenlosen Bescheidenheit, die ihre Person ebenso wie ihre Texte kennzeichnet. „Immer mehr daneben stehn“, der Titel eines ihrer Gedichtbändchen, soll für heute Abend nicht Motto sein. Im Gegenteil, wir stellen Elisabeth Heck und ihr literarisches Schaffen heute ins Zentrum und vergeben ihr mit Freude den Anerkennungspreis der St. Gallischen Kulturstiftung, der mit 10’000 Franken dotiert ist

http://www.gdsl.ch/literaturnetz-ostschweiz/autor/heck-elisabeth