In vorbildlichem Zusammenwirken haben sich verständige Menschen für die Erhaltung eines seltenen Kulturobjekts eingesetzt. Nach sorgfältiger Planung und Vorbereitung sind in minutiöser Kleinarbeit die technische Ausrüstung und die wohnliche Innenausstattung des letzten Schaufelraddampfers auf dem Bodensee instand gestellt, ersetzt und soweit Sicherheitsbedürfnisse zu berücksichtigen waren, ergänzt worden. Nach langem Dornröschenschlaf ist die „Hohentwiel“ zu neuem Leben, neuer Aktivität erwacht und erfüllt heute ihre schöne Aufgabe wieder, nämlich Verbindungen, Beziehungen über die Landesgrenzen hinweg herzustellen und zu pflegen und Menschen einander näherzubringen.
Ideen brauchen Raum! Sie entstehen zwar in einzelnen Köpfen. Sollen sie Gestalt annehmen, sollen sie Wirklichkeit werden, so müssen sie wie Funken überspringen in andere Köpfe und zünden. Was einer denkt, müssen andere aufnehmen, begreifen, sich zu eigen machen.
Die Geschichte des Raddampfers Hohentwiel liest und hört sich an wie ein Märchen. Aber es haben darin nicht Zwerge und Riesen oder Feen mit leichter Hand und Zauberkraft eine Rolle gespielt. Es war auch nicht ein Prinz, welcher ein schlafendes Dornröschen zu neuem Leben erweckte. Ein Zeuge stolzer Technik vergangener Zeiten ist knapp einem unrühmlichen Ende entgangen. Seine Rettung verdankt er dem Umstand, dass sich „Idealisten“, oder „Enthusiasten“ aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengefunden haben, um das letzte Dampfschiff der Bodenseeflotte wieder in Stand zu setzen. Eigentlich war beabsichtigt, den Raddampfer zu restaurieren und als Museum herzurichten. Doch kam es besser: Unter der Führung des Lindauer Landrates Klaus Henninger nahm sich der Verein internationales Bodensee-Schifffahrtsmuseum“ 1983 der Sache an.
Zusammen mit der Vorarlberger Landesregierung wurde das Vorhaben der „Internationalen Bodenseekonferenz“ unterbreitet. Diese regelmässig stattfindende Tagung der Staaten, Länder und Kantone um den Bodensee erklärte sich bereit, die Hälfte der Restaurationskosten, die auf Fr. 2,7 Millionen veranschlagt worden waren, zu übernehmen. Für den Verein, der damals knapp 200 Mitglieder zählte, blieb freilich noch eine beträchtliche Belastung von gegen Fr. 1,5 Millionen. Grossartig war der Einsatz zur Werbung neuer Mitglieder. Die Schweizer Sektion allein, die vor ziemlich genau vier Jahren in Romanshorn gegründet worden ist, zählt heute über 1200 Mitglieder. Sie steht unter der Leitung von Ferdinand Bereuter, Rorschacherberg. Grossartig waren Planung und Vorbereitung, grossartig ist das Ergebnis der gemeinsamen Anstrengungen.
Mit der Restauration der Hohentwiel ist zweierlei erreicht worden, und zweierlei verdient Anerkennung: Zum einen ist uns und künftigen Generationen ein seltenes Kulturobjekt erhalten geblieben. Es zeugt von technischen Möglichkeiten früherer Zeiten, es zeugt in seiner Ausstattung von den Ansprüchen und vom handwerklichen Geschick der Menschen, die vor dem ersten Weltkrieg gelebt haben. Zum andern zeigt es ein beispielhaftes Zusammenwirken über die Grenzen hinweg. Solches Geschehen lässt für die künftige Entwicklung im Lebens- und Kulturraum Bodensee Gutes erwarten. Ist gelungene Restauration ein Stück Kulturgeschichte, so ist das gemeinsame Unternehmen ein Stück beispielhafter Völkerverständigung.
Die St. Gallische Kulturstiftung verleiht dem Verein Internationales Bodensee-Schifffahrtsmuseum einen Anerkennungspreis. Dieser ist mit Fr. 20’000.- dotiert.