Die St. Gallische Kulturstiftung verleiht dem Musiker, Instrumentenbauer, Tonkünstler und Lehrer Urs Stieger in Würdigung seines breiten kulturellen Wirkens und Schaffens einen Anerkennungspreis für seinen eigenständigen und eigenwilligen Beitrag zur Bereicherung vorab der musikalischen Kultur des Rheintals und weit darüber hinaus. Sie verbindet die Anerkennung mit der Hoffnung auf weitere eindrückliche Ergebnisse aus seinem engagierten Einsatz bei der Pflege alter musikalischer Überlieferung und bei deren Verbindung mit Zeitgenössischem.
Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen“, sagt Matthias Claudius in Urians Reise um die Welt.
Wir meinen, wenn einer, so wie Urs Stieger aus Berneck, in der Musik unterwegs ist, so kann er ein Lied davon singen. Zu Beginn zum Beispiel eine Strophe über den Schatz, den er seit seiner Jugend als Geschenk aus dem Elternhaus mit sich trägt:
Ein eigenwilliges Lied erklingt über seine musikalische Lebensreise, über die nicht vorgezeichneten Wege nach innen und aussen. Es ist eine eigentliche Bildungs- und Entdeckungsreise geworden, und sie ist noch nicht zu Ende. Sie hat ihn über viele Stationen zu vielen Berufen geführt,
Sie hat ihn zu vielen Fundstellen geleitet und ihm Gelegenheit geboten, zu sehen, zu hören aufzunehmen, mitzunehmen. Alte Volkslieder hat er gefunden, sie neu gesungen und unter die Leute gebracht. Alten Musikinstrumenten ist er begegnet, hat sie ohne Anleitungen nachgebaut, hat sie tönen und klingen gemacht. Er hat sich ins Material versenkt, erkundet und erspürt, woran es liegt, dass es so und nicht anders klingt. So singt er denn ein Lied als Instrumentenbauer, je eine Strophe für seine Leier, seine Laute, sein Cembalo, seine Harfe oder sein Hexenscheit, und er gibt gewiss eine Zugabe über die gut 3000 Bausätze, die er für das Hexenscheit geschaffen hat, damit es sich wieder einbürgere und verbreite.
Aber er kennt auch Strophen über moderne, neue Instrumente, über künstlerische Klangobjekte, in welchen der Wind singt und die Natur Töne erzeugt. Das Lied des phantasievollen Instrumentenbauers wird verständlicher, wenn es zusammen mit demjenigen des begabten Werklehrers und Kursleiters ertönt, dessen ruhige, geschickte Hände der schöpferischen Unrast des Geistes zu folgen vermögen.
Beides, Geschick und schöpferische Kraft, gepaart mit der Fähigkeit, das eigene Feuer auch in andern zu entzünden, und gepaart mit dem Willen, Erkenntnisse nicht in sich brach liegen zu lassen, macht den immer wieder gehörten begeisterten Kehrreim von Kursteilnehmern verständlich, die sich jeweilen zu weitaus grösseren Leistungen herausfordern lassen, als sie sich selber zugemutet haben. Dann ist da noch das Lied vom Erleben der Natur, das Lied von der Liebe zu besonderen Blumen.
Urs Stieger hegt und pflegt eine Orchideensammlung mit weit über fünfhundert verschiedenen Arten und Exemplaren. Um die Uebersicht zu behalten, bedient er sich eines Computerprogramms. Sonst zeigt er sich Programmen gegenüber eher reserviert, zum Beispiel in seinen Konzerten, wo er lieber aus der Stimmung des Augenblicks heraus musiziert und vieles abhängig macht vom Mitschwingen der Zuhörerschaft. Schliesslich wäre da wohl auch noch ein Lied zu singen von einem Traum. Urs Stieger ist zwar kein Träumer. Er ist hellwach, nicht nur was Kultur anbetrifft, aber er träumt davon, dass gute Kultur breiter gestreut werde. Es schmerzt ihn, dass der Kulturbegriff doch meist sehr eng, elitär und ausschliessend gefasst wird.
Die St. Gallische Kulturstiftung möchte all diese Lieder mit einer eigenen Strophe ergänzen und berichten von der Anerkennung des kulturellen Wirkens von Urs Stieger, von der Freude darüber, dass er selber tatkräftig daran ist, seinen Traum von der Verbreitung guter, volksnaher Kultur zu verwirklichen. In Würdigung seines vielfältigen Beitrags zur Belebung und Bereicherung des kulturellen Angebotes vorab im Rheintal, aber auch weit über dessen Grenzen hinaus verleiht ihm die Stiftung einen Anerkennungspreis. Dieser ist mit 5’000 Franken dotiert.