St. Gallische Kulturstiftung

1988, Herbst

Theatergesellschaft Wil

  • aus Wil
  • Anerkennungspreis über Fr. 10000.– für die Region Fürstenland
  • Sparte: Musiktheater, eigene Aufführungen mit Werken aus den Bereichen Oper, Operette oder Musical

Urkunde

Die traditionsreiche Theatergesellschaft Wil mit ihrem Gründungsjahr 1868 feiert ihr 120jähriges Bestehen. In dieser Zeit hat sie mit den eigenen Kräften 46 Inszenierungen zur Aufführung gebracht, davon in den letzten Jahrzehnten durchwegs Werke des Musiktheaters. Ihre Aufführungen erfüllen höchste Ansprüche an das Liebhaber-Theater. Mit der förderlichen Ausbildung in Gesang und Spiel schafft die Theatergesellschaft in ihrem Kreis Idealismus und Hingabe für die gemeinschaftliche Bühnenarbeit, vermittelt Erfolgsfreude und entdeckt immer wieder neue Talente. Der Stadt Wil und der weiteren Region bietet sie aus ihrer Tradition und aus dem Können ihrer Kräfte begeisternde kulturelle Erlebnisse. Im Jubiläumsjahr 1988 durfte die Theatergesellschaft die Inszenierung der Oper „Martha“ von Friedrich von Flotow mit 29 Aufführungen und einem vollen Besuchererfolg als einen glanzvollen Höhepunkt erkennen. Die Theatergesellschaft Wil mit dem Wirken ihrer Leitung und aller ihrer tätigen Kräfte verdient allseitige Anerkennung.

 

Laudatio von Stiftungsratspräsident

Der Stiftungsrat der St. Gallischen Kulturstiftung hat die ihm zugegangenen Hinweise und Anregungen zugunsten Ihrer Theatergesellschaft Wil einmütig begrüsst. Den Anstoss dazu gab vorab Ihre weitherum beachtete und so erfolgreiche Aufführung der Oper „Martha“ in diesem Jahr. Von dort her wurde man eingewiesen auf die vielschichtigen Besonderheiten in der Arbeit Ihrer Gesellschaft, bis ein derart anspruchsvolles Werk ausgereift auf der Bühne und vor dem Publikum steht. Den Aussenstehenden kann zu Ihrem Liebhaber-Theater, wie Sie es selbst gerne bezeichnen, folgendes beeindrucken:

 

– Die Abstimmung des Werkes auf Ihre eigenen Kräfte in den Rollen, im Chor und im Orchester,
– der Idealismus und die freudvolle Hingabe und Ausdauer Ihrer Kräfte, die nicht mitwirken „müssen“, sondern „dürfen“ – wie es Ihr Präsident gerne darstellt -,
– der Einsatz für Vorbereitung und Proben in der Freizeit, ohne Gage, bis zur Erfüllung von Anforderungen, die die Vorstellungen zum Liebhaber-Theater übertreffen, und noch manches mehr, wozu berufenere Leute Bescheid wissen.

 

Das alles haben Sie für die „Martha“ verabschiedet an der Nachfeier zur Dernière am 13. März, bei einem Dinner mit Gerichten wie am Hof der Königin Anna von England, mit Ansprachen hoher Persönlichkeiten, und – wie die Presse berichtete – nicht ohne Wehmut im Kreis der Mitwirkenden. Die Berichterstattung liess denn auch erkennen, dass die Verabschiedung der „Martha“ abendfüllend war; das Gesellschaftsjubiläum 120 Jahre fand offenbar und verständlicherweise  daneben kaum mehr Platz. Umso mehr vermochte unsere Stiftung die allseitige und spontane Bereitschaft aller Ihrer Kräfte zu beeindrucken, den heutigen Abend so grosszügig und theaterwürdig nochmals im Zeichen der „Martha“ zu gestalten.

 

Vielleicht ist dies Gelegenheit, von der allenfalls verbliebenen Wehmut noch etwas abzutragen; und es möchte gerne daraus auch geschlossen werden, dass es Ihnen Freude machte, die „Martha“ nochmals anklingen zu lassen. Jedenfalls ist es der Stiftung ein Anliegen, Ihrer Gesellschaft für die Umrahmung der Preisübergabe herzlich zu danken. Mithin wurde die St. Gallische Kulturstiftung auch auf die Tradition Ihrer Theatergesellschaft mit den 120 Jahren des Bestehens aufmerksam, und man vergegenwärtigte sich den Reichtum ihrer kulturellen Beiträge in dieser Zeitspanne wie auch die Kräfte, die das Durchhalten benötigte und die sich immer wieder fanden.

 

Die St. Gallische Kulturstiftung bekundet Ihnen die Hochachtung diesem Wirken gegenüber und wünscht Ihrer Theatergesellschaft mit allen zugehörigen Kräften ein weiterhin beglückendes Schaffen für sich selbst und für die Theaterregion. Damit darf ich den Anerkennungspreis übergeben, beschlossen durch den Stiftungsrat an seiner Sitzung vom 23. Februar 1988.