Rigolo Tanzendes Theater, das heisst Lena Roth Eugster und Mädir Eugster, Wattwil, erhalten den Anerkennungspreis der St. Gallischen Kulturstiftung für das umfangreiche Werk an Theater- und Tanzproduktionen seit dem Jahre 1978, welche geprägt waren von Sinnlichkeit, Symbolgehalt, Ritual, Farbenpracht und Dynamik. Rigolo ist es gelungen, exklusives Theater zu entwickeln, das die Spartengrenzen durchbricht und das Dargebotene stets als gesamtheitliches Kunstwerk versteht.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die St. Gallische Kulturstiftung verleiht heute auch einen Anerkennungspreis an Rigolo, Tanzendes Theater, Wattwil, konkret an dessen Repräsentantin Lena Roth Eugster und an dessen Repräsentanten Mädir Eugster. Diese beiden haben das Theater Rigolo vor 22 Jahren gegründet. Das Theater verbindet Lena Roth und Mädir Eugster seit den gemeinsamen Lehr- und Wanderjahren in Paris. Beide besuchten dort Zirkus- bzw. Mimenschulen und anschliessend bauten sie in kontinuierlicher, manchmal auch mühseliger Arbeit ihr eigenes Theater, das Theater Rigolo, auf. Die Partnerschaft auf der Bühne führte auch zu einer Partnerschaft im privaten Leben: Lena Roth und Mädir Eugster sind miteinander verheiratet und haben drei Kinder.
Rigolo, das war anfänglich der Circus Rigolo, der klamaukhaftes Strassentheater präsentierte. Die erste Strassentheaterproduktion, „Der Bärentraum“, wurde 1978 realisiert. Parallel dazu studierte der Circus Rigolo ein Kindertheater ein. Erst im Laufe der Zeit wurde aus dem Circus Rigolo das Tanzende Theater. Seit 1978 trat Rigolo mit 21 Produktionen vor das Publikum. Jede hatte ihre spezifischen Eigenheiten, doch erinnern sich Kulturinteressierte vor allem an das Stück „Mondaufgang“ im Palais Lumière, das Höhlentheater „Geister der Erde“, das Tanztheater „Sanddorn“ und auch an das neueste Werk „Balance“, wenn man sie nach den Produktionen von Rigolo fragt. Es ist unbestreitbar: Lena Roth und Mädir Eugster haben mit ihren jeweiligen Ensembles beeindruckende Werke geschaffen; eine gute Übersicht bietet das Buch „Ein Tanz durch zwei Jahrzehnte“, von dem einige Exemplare zum Mitnehmen aufliegen.
Rigolo Tanzendes Theater zeigt sinnliches Theater. Wichtig ist jeweils nicht nur, was auf der Bühne dargeboten wird, sondern es geht bei Rigolos Produktionen stets auch um den Einbezug, um das Wecken der Sinne der Zuschauerinnen und Zuschauer. Eine Rigolo-Aufführung versteht sich als ganzheitliche kulturelle Veranstaltung. Das Kulturverständnis ist breit: Nicht nur die professionelle Darstellung von Figuren oder professionelles Tanzen bedeutet hier Kultur, nein, auch Rituale, auch die Verbindung zur Natur, auch riechen und schmecken, das Essen auch gehören hier zur Kultur. Dieses gesamtheitliche Verständnis setzen Lena Roth und Mädir Eugster wenn immer möglich um. So werden die RigoloProduktionen jeweilen zu einem eindrücklichen sinnlichen Erlebnis. Rigolo Tanzendes Theater zeigt symbolträchtiges Theater. Die Produktionen sind jeweilen gespickt mit Symbolen, nicht nur mit solchen aus unserer westlichen, abendländischen Welt, sondern immer und immer wieder auch aus uns fremden Kulturen. Eine archaische Bildersprache kommt zum Zug; es ergibt sich ein Theater, das zurückgeht zu den rudimentären Wurzeln menschlichen Seins, die einem durch die Rigolo-Produktionen durchaus, wenn man sie auf diese Weise präsentiert erhält, wieder bewusst werden können. Rigolo Tanzendes Theater zeigt spektakuläres Theater. Rigolo versucht in seinen Produktionen, Akrobatik, Ritual, Musik, Artistik, Tanz, Theater und bisweilen auch bildende Kunst zu einem Gesamtkunstwerk zu vereinen. Dies beeindruckt, bringt einen zum Staunen, fasziniert ungemein.
Wer konnte sich denn vorhin, als Mädir Eugster seine Balance zeigte, dem Fasziniert-Sein und dem Staunen entziehen? Wohl niemand. Doch spektakulär ist Rigolos Tanzendes Theater auch, weil die Dynamik in den Stücken vielfach eine grosse Rolle spielt. Meistens wird der Zuschauer, die Zuschauerin auch von einer vielfältigen Farbenpracht überrascht. So erinnere ich mich noch gut an die Kostüme in einer Aufführung von „Mondnacht“ im Palais Lumiere, dem eigenen Theaterhaus von Rigolo, auf dem Zughaus-Areal in Zürich oder an den prächtigen Farben-Fisch in der neusten Produktion „Balance“. Rigolo, das ist vielfach auch eine wahre Augenweide. Rigolo Tanzendes Theater zeigt anspruchsvolles Theater. Nicht immer ist es der Zuschauerin, dem Zuschauer möglich, hinter das Dargebotene zu sehen, es vollkommen zu verstehen. Denn eine Produktion auf die Beine zu stellen, das kommt für Lena Roth, Mädir Eugster und dem jeweiligen Ensemble immer einem längeren Prozess gleich. Das Resultat auf der Bühne steht dann jeweils für das (vorläufige) Ende dieses Prozesses und kann demnach zu Fragen führen, die der Zuschauer, die Zuschauerin für sich selber kaum beantworten kann. Das verlangt grosse Toleranz gegenüber dem Dargebotenen. Wer diese Toleranz aufbringen kann, für den wird aber eine Rigolo-Aufführung zum Genuss. Und schliesslich verlangen Mädir Eugster und Lena Roth auch nicht, das alles Dargebotene bis ins letzte Detail verstanden werde. Leider ist es nicht möglich, das Werk von Rigolo detaillierter und in die Tiefe vorzustellen, ich musste mich hier in aller Kürze auf einige Punkte beschränken. Aber man kann die Leistung und den kulturellen Beitrag von Rigolo sowieso erst erfassen, wenn man es sich anschaut. In diesem Sinne kann ich Ihnen nur empfehlen: Gehen Sie das nächste Mal hin.
http://www.rigolo.ch