St. Gallische Kulturstiftung

1989, Herbst

Ortsbürgerbund Buchs

  • aus Buchs
  • Förderpreis über Fr. 3000.– für die Region Werdenberg
  • Sparte: Pflege des Brauchs der "Türgga-Usschelleta"

Urkunde

Im Ortsbürgerbund Buchs ist das Brauchtum „Türggaschella“ mit den damit verknüpften inneren Werten der gemeinsamen Freude über die Ernte, der Gemeinschaftsarbeit zu deren Aufbereitung und der Begegnungsfreude und Geselligkeit erhalten geblieben. Der Ortsbürgerbund bezeugt dies in verdankenswerter Weise durch eine gesellige Veranstaltung mit gastfreundlicher Einladung an Mitglieder und Einwohnerschaft. Damit führt er auch zur Besinnung auf das Konsumverhalten unserer heutigen Gesellschaft. In Würdigung der Pflege dieses Brauchtums verleiht die St. Gallische Kulturstiftung dem Ortsbürgerbund Buchs einen Förderungspreis und möchte damit weitere Ideen zur Bewahrung volkstümlicher Werte anregen.

 

Laudatio von Carl Scheitlin, Stiftungsratspräsident

Es ist keine Frage, dass „Brauchtum“ Kulturgut darstellt, und es lässt sich vergleichen mit dem Schutz und der Pflege historischer Bauten. Im Ursprung gehörte das Brauchtum zum Alltagsleben. Unsere moderne Zeit – wie weit soll sie zurückdatiert werden? – hat manchen Bräuchen die Grundlage der alltäglichen Lebensweise entzogen. Und da ist es eine erfreuliche Erkenntnis und eine Bereicherung unserer Zeit, dass trotz dieser zeitbedingten Gefährdung der im Brauchtum enthaltene tiefere Sinn in hohem Masse bewusst und erhalten geblieben ist. Die Pflege dieses Brauchtums ist damit vielerorts vielleicht gar noch liebevoller geworden, weil es eben nicht mehr der gelebte Alltag ist, sondern nostalgisch veranstaltet werden muss. Dass es trotzdem nicht gekünstelt wird, dafür sorgt das Brauchtum mit dem herkömmlichen Kern seines Gehaltes und mit der ihm eigenen Disziplin. Solches sind unsere Gedanken auch zum „Türggaschella“ heute Abend. Der Ortsbürgerbund Buchs hat den inneren Wert dieser landwirtschaftlichen Arbeitsstufe bewahrt und das zugehörige Brauchtum wiederbelebt. Der gleiche Brauch ist ausserhalb des Werdenberg auch im Rheintal und im Sarganserland heimisch, ja wohl auch weltweit, wie dies z.B. aus Portugal bebildert werden könnte.

 

Die Urformen des Namens sollen verschieden sein:
„Hülschet“ im Rheintal, „Türggaschella“ hier, „Türggablättärä“ im Sarganserland, mit dorfweise noch eigenen Variationen. Dass es hier kein Alltagsbrauch, sondern eine nostalgische Veranstaltung ist, lässt der Ortsbürgerbund darin erkennen, dass die Besucher allsamt mit Behörde und Einwohnerschaft gastfreundlich eingeladen sind. Und hinter den Kulissen ist zu vernehmen, dass der an diesem fröhlichen Abend auszuschälende Mais in sorgfältiger Planung besonders angepflanzt und aufgezogen werden muss. Die beeindruckenden weiten Maisfelder in der Rheinebene werden zu Viehfutter siliert und deren Kolben nicht mehr für Maismehl, Maisbrot und Riebel gebrochen, getrocknet und gemahlen. Es war die Rede vom inneren Wert des Brauchtums. Dazu wird Ihnen wohl Ernst Hofmänner fachkundig noch einiges berichten. Der Brauch des „Türggaschella“ weist uns darauf hin, wie weit unsere heutige Gesellschaft mit ihren Konsumgewohnheiten von der Erde und deren Früchten entfernt ist. Gemeinsame Arbeit und lebensfrohe Begegnungen in der Stube und in der Scheune sind ersetzt durch Selbstbedienung mit Schubwagen im Grossverteiler, und was wir dabei an Wegwerfverpackung mit nach Hause nehmen, macht mehr Sorge als deren Inhalt. Das heutige Brauchtum macht dafür besinnlich.

 

Das „Türggaschella“ des Ortsbürgerbundes Buchs mit dem genannten inneren Wert und mit der frohmütigen Gastfreundschaft gegenüber der Buchser Einwohnerschaft hat die Beachtung der St. Gallischen Kulturstiftung gefunden  Der Stiftungsrat hat an seiner Sitzung vom 7. März 1989 beschlossen, dem Ortsbürgerbund dafür einen Förderungspreis zu verleihen. Er möchte damit zu weiteren Ideen für die Wahrung eines sinnreichen Brauchtums anregen. Der Förderungspreis ist mit Fr. 3’000.- dotiert.