Mina und Josef John erhalten den Anerkennungspreis 2006 der St.Gallischen Kulturstiftung für ihre herausragende Sammlertätigkeit auf dem Gebiet der Volkskunst, der Naiven Kunst und der Aussenseiter-Kunst. Für ihren grossen persönlichen Einsatz in der Betreuung und Förderung der Künstlerinnen und Künstler und in deren Bekanntmachung durch Publikationen, Ausstellungen und nicht zuletzt durch die Initiierung und Mitbegründung des Museums im Lagerhaus sei Mina und Josef John der Dank und die Anerkennung der St.Gallischen Kulturstiftung ausgesprochen.
Viele unter Ihnen, die in Wittenbach wohnen, kennen das markante, weit sichtbare, fast 300 jährige Riegelhaus in der Ladhueb. Josef und Mina John haben es über Jahrzehnte hinweg restauriert, ohne Subventionen der Denkmalpflege. Aus eigener Kraft haben sie es zu einem Blickfang gemacht, auf den sie und ganz Wittenbach stolz sein können. Neben dem Haus steht die Remise mit der Jahreszahl 1732. Sie stand vordem als alte Käserei Linde am Weg zum Schloss Dottenwil. Josef John hat sie nach dem Abbruch gerettet und in seinem Garten stilgerecht wieder aufgebaut.
Dieses malerische Ensemble von Haus, Buchsgarten und Remise birgt im Innern eine einzigartige Sammlung von Volkskunst und Naiver Kunst, die Josef und Mina John während der letzten 40 Jahren mit grosser Leidenschaft und Sachkenntnis zusammengetragen haben.
Haus und Sammlung sind das Lebenswerk des Ehepaars, ein Gesamtkunstwerk von fast unermesslichem ideellem und künstlerischem Wert. Dabei haben die Johns ihre Sammlung mehr mit Herzblut als mit unbeschränkten finanziellen Mitteln geschaffen. Der Grund dafür, wie Mina John betont, dass «wir heute noch an jedem einzelnen Stück Freude haben».
Die Freude am kulturellen Erbe allgemein und an der Naiven Kunst im Besonderen haben die Johns aus ihrer appenzellischen Heimat mitgebracht. Beide stammen sie aus Steinegg. Die Mutter Josef Johns liebte alte Stiche und Antiquitäten, der Vater, Vinzens John war Lehrerpersönlichkeit und Dichter. Ein Buch mit seinen Gedichten hat Josef John in Vorbereitung.
Josef und Mina John, die ihr Auskommen für ihre fünfköpfige Familie mit dem Antiquitätenhandel verdienten, waren oft im Zwiespalt, ob sie ein besonders schönes Stück verkaufen oder in ihre Sammlung integrieren sollten. Oft mussten sie sich ein Werk am Mund absparen.
Das Kernstück ihrer grossartigen Sammlung ist zweifellos die Naive Malerei. Heute staunen wir oft über die Dichte und Qualität an naiven Künstlerinnen und Künstlern in der Ostschweiz und vergessen darob vielleicht, dass es zu einem grossen Teil das Verdienst von Josef und Mina John ist, viele von ihnen entdeckt, gefördert und in der
Öffentlichkeit bekannt gemacht zu haben. Denn Sammeln heisst für sie nicht einfach Horten der Werke, sondern die Künstlerinnen und Künstler, die sehr oft am Rande der Gesellschaft stehen und nicht selten unter finanzieller Not und gesellschaftlicher Missachtung leiden, zu stärken und zu begleiten. Diese Achtung hat das Ehepaar John ihren Künstlerinnen und Künstlern zeitlebens entgegengebracht und damit auch ihr Vertrauen gewonnen.
Heute können wir die Früchte ihres unermüdlichen Einsatzes für die «ungelernten Meister» ernten, wie Josef John die naiven Künstler in seinem ersten Buch nennt. Inzwischen ist ein drittes, noch umfangreicheres Buch mit dem Titel «Einblicke» erschienen, das uns über Text und über 500 farbige Bilder den ganzen Umfang und Reichtum der Sammlung John eindrücklich vor Augen führt. Das Gleiche gilt für die grossen Ausstellungen im Kunstmuseum des Kantons Thurgau, im Museum im Lagerhaus, im Volkskundemuseum in Stein, im Musée de l’art brut in Lausanne und im Kunsthaus Aarau, um nur die wichtigsten zu nennen.
Einen schönen Einblick in die John’sche Sammlung gibt die kleine, aber feine Ausstellung von Alois Wey, die extra für diesen Anlass in der Schlosskappelle eingerichtet worden ist. Sie zeigt die phantastischen Architekturen des ehemaligen Dachdeckers, der im Kappelhof in Wittenbach ein künstlerisches Alterswerk geschaffen hat, das seinesgleichen sucht. Dazu wird ein Filmporträt gezeigt, das Josef John von Alois Wey machte – inzwischen ein wertvolles historisches Dokument.
Als Initianten des Museums im Lagerhaus in St.Gallen und als dessen Mitbegründer zusammen mit Erna und Curt Burgauer und dem Ehepaar Simone und Peter Schaufelberger haben Mina und Josef John eine Institution ermöglicht, die der Naiven Kunst und der Art Brut eine Heimat gegeben hat und dank der fachkundigen Leitung von Simone und Peter Schaufelberger und allen Beteiligten ein Wirkungs- und Ausstrahlungsort erster Güte für Aussenseiter-Kunst geworden ist, wie wir laufend in ihren Ausstellungen erfahren dürfen.
http://www.museumimlagerhaus.ch/museum/sammlung-john