St. Gallische Kulturstiftung

1989, Frühjahr

Franziska Knoll-Heitz

  • aus St.Gallen
  • Anerkennungspreis über Fr. 5000.– für die Region St.Gallen
  • Sparte: Burgenforschungskurse auf Schloss Gräpplang

Urkunde

Frau Franziska Knoll-Heitz führt aus eigenem Antrieb seit dem Jahr 1958 jährlich Burgenforschungskurse für Mittelschüler aus den Kantonen St. Gallen, Appenzell AR/AI und Thurgau auf Gräpplang bei Flums durch. Mit den Ausgrabungen hat sie Bedeutsames zur Geschichte von Gräpplang beigetragen. Durch die systematische Dokumentation und Ordnung des Fundmaterials sind wertvolle Voraussetzungen für die weitere wissenschaftliche Auswertung zu Gräpplang geschaffen. Für die an den Kursen freiwillig teilnehmenden Mittelschüler hat sie das Geschichtsbewusstsein durch werktätige Forschungsarbeit gefördert und sie die Erfordernisse einer Gemeinschaftsarbeit erleben lassen. Damit hat sie ihren jugendlichen Kursteilnehmern gewinnbringende Anregungen auf den Lebensweg mitgegeben.

 

Dieses Wirken von Frau Franziska Knoll verdient allseitige Anerkennung.

 

Laudatio von Carl Scheitlin, Stiftungsratspräsident

An seinen Sitzungen vom Februar und Dezember 1988 beschloss der Stiftungsrat, einen Anerkennungspreis der St. Gallischen Kulturstiftung zu verleihen an Frau Franziska Knoll-Heitz, St. Gallen, für die von ihr durchgeführten Burgenforschungskurse für Schüler auf der Ruine Gräpplang bei Flums.

 

Unser heutiger Standort auf der Ruine Gräpplang belebt das Geschichtsbewusstsein. Dieses ist jedem Menschen eingegeben aus dem Blickwinkel der eigenen Herkunft, aus dem Entwicklungsbild seiner Heimat, aus der Schule oder aus fesselndem Interesse für das Vergangene überhaupt. Wo und wie man auch immer zur Geschichte und zu diesem Geschichtsbewusstsein steht, erhalten gebliebene und sprechende Zeugen aus geschichtlicher Zeit sind von besonderer, fallweise geheimnisumwitterter Anziehungskraft für den Menschen der Gegenwart. Solche Zeugen markanter Art stellen Burgen und Ruinen dar, mit denen die Burgenromantik verwoben ist und die Ahnungen erwecken, dass in ihren Fundamenten und Gemäuern weitere für die Geschichte bedeutende Relikte, vielleicht Kleinodien oder gar Schätze aus ihrer Zeit verschüttet und verborgen liegen.

 

Solches mag auch Frau Franziska Knoll auf ihrem Weg der Burgen-Archäologie bis nach Gräpplang begleitet haben. Im Schulbuch „St.Gallerland“ schreibt sie in einem Abschnitt „Burgenforschungskurse auf Gräpplang“: „Fundgegenstände, Schichten, Mauerfundamente verraten uns Geschehnisse der Vergangenheit wie ein Geschichtsbuch. Aber dieses Geschichtsbuch im Boden kann nur einmal gelesen werden: beim Ausgraben. Dann ist es für immer zerstört. Darum mögen alle, die Grabarbeiten ausführen, den geschichtlichen Quellen im Boden Sorgfalt entgegenbringen und darauf bedacht sein, dass sie durch Fachkundige untersucht und aufgezeichnet werden und als Zeugen vergangener Zeiten erhalten bleiben.“

 

Schon in jungen Jahren sah sich Frau Franziska Knoll dieser Verpflichtung gegenübergestellt. Als sie 1932 ihr Studium mit dem thurgauischen Sekundarlehrer-Patent abschloss und beim damaligen Lehrerüberfluss keine feste Stelle finden konnte, liess sie sich um Gotteslohn für die Dokumentation zu Grabarbeiten auf der Insel Werd bei Stein am Rhein engagieren. Daraus ergaben sich weitere archäologische Einsätze für den bekannten St. Galler Burgenvater Gottlieb Felder auf Burg Grimmenstein und hernach auf Burg Neu- Toggenburg. Dazwischen lagen Arbeiten in Graubünden, in St. Georg/Berschis, Castels/Mels und auf Burg Clanx/Appenzell. Eine erste Reihe Burgenforschungskurse organisierte sie mit Lehramtskandidaten auf der St. Iddaburg im Toggenburg. Aus einem dortigen Zufallsereignis wurde sie durch den bekannten Lokalhistoriker Dr.med.dent. Otto Mannhart, Flums, und durch den späteren Kantonsarchäologen Benedikt Frei aus Mels kurzfristig und provisorisch nach Flums auf die Ruine Gräpplang eingeladen. Aus diesem Provisorium hat sich mittlerweile die ununterbrochene Reihe von 32 einwöchigen Kursen mit Mittelschülern aus den Kantonen St.Gallen, Appenzell AR/AI und Thurgau ergeben.

 

Initiative, Organisation und Leitung aller Kurse waren stets in der Hand von Frau Franziska Knoll. Insgesamt sind es bis heute über 1100 Teilnehmer, im Durchschnitt pro Jahr etwa 35. Manche Schüler haben wiederholt teilgenommen. Die St.Gallische Kulturstiftung ist hier nicht berufen, auf die Ergebnisse der kursmässigen Grabarbeiten auf Gräpplang aus wissenschaftlicher Sicht einzugehen, dies muss Fachleuten überlassen bleiben. Auch mit dem heutigen Stand ist aber anerkannt, dass mit diesen Arbeiten einerseits Bedeutsames zur Geschichte von Gräpplang beigetragen wurde, und andererseits das Fundmaterial systematisch und mustergültig dokumentiert und geordnet ist, für weitere wissenschaftliche Belange verfügbar und auswertbar. Für alle Kurse hat Frau Franziska Knoll begeisterungsfähige Mittelschüler gewonnen, die sich freiwillig diesem Ferieneinsatz unterstellt haben. Diesen jungen Leuten hat sie das Geschichtsbewusstsein durch werktätige Forschungsarbeit gefördert und ihnen damit einen Gewinn auf den Lebensweg mitgegeben. Hierdurch angeregt, haben einzelne gar ihre Berufswahl für die Archäologie getroffen.

 

Die Erwartung von Frau Knoll geht hoffentlich in Erfüllung, dass demnächst daraus auch die wissenschaftliche Auswertung der jahrelangen Kursarbeiten auf Gräpplang wächst. Die Kursarbeit hat die jungen Teilnehmer auch die Erfordernisse einer Gemeinschaftsarbeit erleben lassen, für die gegenseitige Handreichungen und Entgegenkommen unerlässlich sind, woraus wiederum persönliche Kameradschaften und Freundschaften erwachsen. In diesen genannten Belangen ist beim heute vorherrschenden Freizeitkonsum auch den Teilnehmern ein Lob für ihren Einsatz zur sinnvollen Eigenleistung auszusprechen.

 

Der Stiftungsrat der St. Gallischen Kulturstiftung freut sich, Frau Franziska Knoll in ihrem 79. Altersjahr für ihre unentwegte und uneigennützige Durchführung der Burgenforschungskurse für Schüler auf Gräpplang einen Anerkennungspreis zu verleihen. Der Preis ist mit Fr. 5,000.– dotiert.