St. Gallische Kulturstiftung

2009, Herbst

Drs. Elisabeth und
Peter Bosshard

  • aus Rapperswil-Jona
  • Kunstpreis über Fr. 20000.– für die Region See-Gaster
  • Sparte: Kunstsammler/in und -förderer

Urkunde

Elisabeth und Peter Bosshard erhalten den St.Galler Kulturpreis der St.Gallischen Kulturstiftung für ihr beeindruckendes jahrzehntelanges Sammeln junger Schweizer Kunst. Sie haben mit grosser Leidenschaft, gutem Gespür und sicherem Qualitätssinn eine überaus wertvolle Sammlung, die mehrere tausend Werke umfasst, aufgebaut und präsentieren diese seit 2008 im Kunst(Zeug)Haus in Rapperswil-Jona der Öffentlichkeit. Mit ihrer Sammlertätigkeit haben sie während der letzten vier Jahrzehnte einen wichtigen Beitrag zur Förderung des Schweizer Kunstschaffens geleistet.

 

Laudatio von Markus Linder, Vizepräsident

Die St.Gallische Kulturstiftung verleiht heute Abend einen zweiten Kulturpreis, und zwar an das Ehepaar Elisabeth und Peter Bosshard aus Rapperswil-Jona. Die beiden sammeln seit über 35 Jahren junge Schweizer Kunst. Ihre Sammlung umfasst mittlerweile mehrere tausend Werke (das sind Zeichnungen, Malerei, Objekte, Skulpturen, Installationen, Fotografien und Videos), die sich praktisch alle hier im Kunst(Zeug)haus Rapperswil-Jona befinden und seit 2008 der Öffentlichkeit gezeigt werden, dies in immer wieder wechselnder Konstellation. Elisabeth und Peter Bosshard haben ihre Sammlung mit überaus leidenschaftlichem Engagement und mit sicherem Qualitätssinn aufgebaut. Sie haben ein riesiges Panorama aktueller Schweizer Kunst zusammengestellt; die Sammlung gilt heute als die bedeutendste Privatsammlung von helvetischer Gegenwartskunst. Und das Sammeln hat – zum Glück -noch kein Ende. Nach wie vor bewegen sich Elisabeth und Peter Bosshard voller Neugierde im Kunstmarkt, stöbern künstlerisch wertvolle Werke auf und vergrössern so ihre Sammlung.

 

Nun, wie kam das alles? – Da kehrten ein kunstinteressierter Jurist und eine kunstinteressierte Biologin im Jahre 1970 von einem längeren Amerika-Aufenthalt zurück und liessen sich am Zürichsee nieder, wo sie schon bald mit Bernhard Schobinger, einem Goldschmied und Kunstkenner, in Kontakt kamen, der sie schliesslich zu bekannten Galeristen führte, die Werke von jungen Schweizer Kunstschaffenden im Angebot hatten. Und nun brauchte es auch noch den Entscheid, das gut verdiente Geld nicht in Aktien, nicht in Immobilien, nicht in Segelyachten zu investieren, sondern damit Kunstwerke zu erwerben. Und der Entscheid, sich auf Kunst zu konzentrieren, die in der Schweiz geschaffen wurde. Und der Entscheid, mutig auch Kunstwerke von Unbekannten zu kaufen, von denen man annehmen durfte: Die kommen mal noch gross raus, in denen steckt etwas. Der Entscheid also, Junge, noch Unbekannte gezielt zu fördern, ihnen damit auch ein Signal zu geben, ihren Weg konsequent weiterzugehen. Manch einer hat denn auch schon gesagt: «Wenn Elisabeth und Peter Bosshard nicht gewesen wären, wäre ich heute nicht an diesem Ort.»

 

Und es brauchte die Lust, einem Trieb nachzugeben, dem Sammeltrieb, der insbesondere Peter Bosshard eigen ist. So besuchten die beiden nun regelmässig Galerien, lernten die Galleristen und Kunstschaffenden persönlich kennen und begannen mit dem Sammeln. An das Prinzip, in Galerien Kunstwerke zu erstehen, hielten sie sich in der Folge bis heute. Der Austausch mit den Galeristen ist ihnen wichtig, auch wenn Elisabeth und Peter Bosshard schon längst und auch sehr früh selber ein Gespür für die Qualität entwickelt haben. Sie hatten wahrlich einen «guten Riecher», erwarben sie doch z.B. Werke von Roman Signer, Bernhard Tagwerker, Annelies Strba, Josef Felix Müller, Alex Hanimann, Ueli Berger, Markus Raez, Alexander Hahn, Carmen Perrin, Pipilotti Rist und Fischli/Weiss, bevor diese in der Kunstwelt überhaupt Rang und Namen hatten. Immer wieder gab es während der Sammlertätigkeit Neuentdeckungen, doch einige der Kunstschaffenden wurden zu «Langläufern», wie Peter Bosshard sie nennt. Immer wieder wurden von diesen so genannten «Langläufern» Werke erworben und es ergaben sich zu ihnen auch viele persönliche Kontakte, so dass Elisabeth und Peter Bosshard auch die Menschen, die hinter den Werken standen, kennen lernten und sich damit ein umfassendes Bild des jeweiligen künstlerischen Schaffens machen konnten und können.

 

Heute, geschätzte Damen und Herren, müssen auch wir – wie manche Kunstschaffenden seinerzeit – wohl sagen: Wenn Elisabeth und Peter Bosshard nicht wären, ja, dann gäbe es diese wunderbare und einzigartige Sammlung nicht, dann gäbe es wahrscheinlich auch dieses neue Kunstmuseum hier in Rapperswil-Jona nicht, dann gäbe es für die Kunstinteressierten die Möglichkeit nicht, die Schweizer Kunst der letzten 40 Jahre in so konzentrierter Form betrachten zu können. In Zusammenarbeit mit der Stadt Rapperswil-Jona und dem Kanton St.Gallen und mit der Gründung der Stiftung Kunst(Zeug)Haus wurde es möglich, die Sammlung hier in diesem ehemaligen militärischen Zeughaus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Kunst(Zeug)Haus konnte im Mai 2008 eröffnet werden und es entwickelte sich schnell zu einem bedeutenden kulturellen Treffpunkt. Hier wird nun stets ein Teil der Sammlung präsentiert, wobei alle paar Monate wieder andere Werke zu sehen sind. Parallel dazu werden Ausstellungen mit Werken einzelner Kunstschaffender konzipiert, dies aus dem hiesigen Fundus und mit Leihgaben von andernorts. Damit gibt es im Kunst(zeug)haus immer wieder Neues aus der Bosshard’schen Sammlung zu entdecken. Man kann dieses Kunstmuseum also durchaus immer wieder von Neuem besuchen.

 

Doch kommen wir nochmals kurz zurück zur Sammelleidenschaft. Denn diesbezüglich ist doch noch ein Kuriosum zu erwähnen: die Robinson-Bibliothek, die vor allem Peter Bosshard in den letzten Jahrzehnten zusammengestellt hat. Wie eine «fremde Insel» ist diese eindrückliche Bibliothek in die Ausstellungsräume des Kunst(Zeug)Hauses hineingesetzt. Sie enthält unzählige Robinson-Bände in allerlei Sprachen und in allerlei Variationen. Peter Bosshard hat auf dem ganzen Erdball Robinson-Bücher aufgestöbert und gekauft und so seiner Sammelleidenschaft, die er wohl von seinem Vater geerbt hat, zusätzlich gefrönt. Und weil eben diese Sammelleidenschaft die grosse Klammer bildet zwischen den Kunstwerken und diesen Robinson-Büchern, sind diese auch kein Fremdkörper in der Bosshard’schen Sammlung, sondern bereichern sie auf unkonventionelle Weise.

 

Lisi und Peter, ihr habt mit dem Aufbau und der Öffnung eurer Sammlung der Stadt Rapperswil-Jona, dem Kanton St.Gallen und der Schweiz zu einem kulturellen Highlight verholfen; was ihr entwickelt habt und wie ihr es nun in grosszügiger und selbstloser Weise der Öffentlichkeit präsentiert, ist überhaupt nicht selbstverständlich und wir alle danken euch von ganzem Herzen dafür. Wir haben grossen Respekt vor eurer Leistung und die St.Gallischen Kulturstiftung überreicht euch nun gerne den St.Galler Kulturpreis.

https://www.kunstzeughaus.ch