St. Gallische Kulturstiftung

2021, Frühjahr

Claudia Schildknecht

  • aus Luzern
  • Förderpreis über Fr. 10000.– für die Region St.Gallen
  • Sparte: Fotografin und Kunstvermittlerin

Urkunde

Mutig und engagiert macht sich Claudia Schildknecht stark – für Ökologie, globale Umwelt- und gesellschaftskritische Themen in der Schweiz und auf der ganzen Welt. Die daraus resultierenden Fotografien sind von hoher inhaltlicher wie technischer Qualität. Für ihre fundierten Recherchen bereist sie auch weit entfernte Länder, fotografiert vor Ort und befragt Fachleute. Neben ihrer eigenen künstlerischen Tätigkeit bietet Claudia Schildknecht auch anderen Kunstschaffenden eine Plattform, so als Mitinitiantin verschiedener Kunstkollektive. Ihr Schaffen ist stets geprägt von respektvoller Anteilnahme, grosser Ernsthaftigkeit und formaler Klarheit. Für ihr von Leidenschaft und zukunftsweisender Nachhaltigkeit geprägtes interdisziplinäres Wirken zeichnet die St.Gallische Kulturstiftung Claudia Schildknecht mit einem Förderpreis aus.

 

Laudatio, von Claudia Reeb, Stiftungsrätin

«Ich sehe mich als Aktivistin», sagt Claudia Schildknecht über sich selbst. Mit diesem Satz fasst sie ihre Lebenseinstellung konzis zusammen: Laut Duden ist eine Aktivistin nämlich ein ‘politisch aktiver Mensch’ und eine ‘zielstrebig Handelnde’. Und genau diese Eigenschaften zeichnen Claudia Schildknechts gesamtes Schaffen und Tun aus.

 

Claudia Schildknecht wurde 1990 in Hagenwil bei Amriswil geboren. Später zog sie nach St. Gallen, wo sie an der Schule für Gestaltung das Propädeutikum-Jahr für Kunst absolvierte. Danach folgte an der Luzerner Kunst- und Designschule die Ausbildung in Bildender Kunst und Kamerakunst. Während ihrer Bachelorausbildung nahm sie zudem an einem Austauschprogramm an der Bezalel Akademie der Künste und des Designs in Jerusalem teil. Seit 2016 ist Claudia Schildknecht als selbständige Fotografin, als Tätowiererin und als freischaffende Künstlerin tätig. Daneben engagiert sie sich als Kunstvermittlerin und Mitinitiantin für Kunstkollektive.

 

Die für eine junge Künstlerin bereits umfangreiche Palette an Tätigkeiten, ist aussergewöhnlich und beeindruckend. Sie macht deutlich, dass Claudia Schildknechts Schaffen bereits weit verzweigt ist. Inhaltlich zeigt sich ihr Werk jedoch eng vernetzt. Um dies zu verdeutlichen und ihr vielseitiges Arbeiten vorzustellen, möchte ich einige Aspekte besonders hervorheben: Claudia Schildknechts Engagement als Umweltaktivistin, ihre Initiative als Kunstvermittlerin, ihre Arbeit als Tätowiererin sowie ihre Herangehensweise in der Fotografie.

 

Im Jahr 2015 kam Claudia Schildknecht in Jordanien erstmals unmittelbar mit Korallen in Kontakt. Seither ist sie fasziniert von den koloniebildenden Nesseltieren und betroffen vom Ausmass des massiv bedrohten Ökosystems. Intensive Recherchen zum Korallensterben, mehrmalige Reisen nach Australien sowie viele Gespräche mit Meeresbiologen vor Ort haben bei ihr einen tiefen Eindruck hinterlassen. Parallel zur theoretischen Auseinandersetzung mit der Thematik entstanden bildstarke Aufnahmen der Unterwasserwelt des Great Barrier Reefs. Neben dem künstlerischen Wert weisen die Aufnahmen auch einen stark dokumentarischen Charakter auf: Unterwasserfotografie ist per se anspruchsvoll und ein Riff in seiner ganzen Grösse festzuhalten eine Herausforderung. Es erstaunt deshalb nicht, dass ihre Bilder auch auf Regierungsebene von Interesse sind. So waren sie insbesondere im Bernerhof beim Bundeshaus sowie an der Biennale von Venedig 2019 unter der Schirmherrschaft der European Cultural Centre Foundation (GAA) zu sehen.

Claudia Schildknecht macht sich bis heute für das Überleben von Korallen stark. So liess sie vergangenes Jahr als Mitglied des Künstlerkollektivs «Biotop der Relevanz» in den Brunnen des Luzerner Löwendenkmals ein lebensechtes Korallenriff ein, bestehend aus 200 selbstgegossenen Keramikkorallen. Aktuell ist eine Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum Wien geplant: Durch bewusste Entscheide müssen App-Benutzer/innen ein digitales, interaktives Korallen-Tamagoshi am Leben halten, wodurch ihnen ihr Konsumverhalten und ihre CO2-Bilanz bildlich aufgezeigt werden. Ihren Sinn für innovatives und fantasievolles «Think big» und gemeinschaftliches Handeln, demonstrieren diese beiden letzten Interventionen aufs beste.

 

Überhaupt ist Claudia Schildknecht das Entwickeln interdisziplinärer Projekte, das Bereitstellen von Plattformen für andere Kunstschaffende sowie die Vermittlung an ein interessiertes Publikum ein besonderes Anliegen. Die beiden Kunstkollektive «Haus zur Ameise» in St. Gallen und «Kunstkonsumenten» in Luzern, sind erfolgreiche Beispiele dafür.

 

Verantwortung gegenüber der Natur und der Gesellschaft zu übernehmen, erachtet sie auch beim Tätowieren als essenziell. Die mit einem Expertenteam selbst entwickelte, auf veganen Seidenproteinen basierende und nachhaltig produzierte Haut-Schutzcreme, soll hier nur am Rande erwähnt werden. Obwohl es sich beim Tätowieren mehrheitlich um Auftragsarbeiten handelt, schafft Claudia Schildknecht die Balance zwischen Kunst und Handwerk: Gängige Sujets wie Schmetterlinge, Sterne, Herzen oder dgl. suchen wir bei ihren Hautbildern jedoch vergeblich. Vielmehr hat sie auch in diesem Genre ihre ureigene Motivik entwickelt, die sie in filigranem Stil umsetzt und die bereits zu ihrem unvergleichlichen Markenzeichen geworden ist. Diese gelungene Verbindung von Kunst und Handwerk macht die Qualität von Claudia Schildknechts Schaffen aus.

 

Eine eigene Handschrift weisen auch ihre fotografischen Arbeiten auf, die wiederum ihre Affinität für sozialpolitische und sozialkritische Themen unterstreichen. Exemplarisch dafür steht das Projekt «D’Nischeler». Dieses dokumentiert die Nischenbewirtschaftung mit alternativen Tieren in der Schweizer Landwirtschaft. Die atmosphärischen Bilder zeugen von gegenseitigem Vertrauen, das in persönlichen Gesprächen zwischen der Fotografin und den Porträtierten gewachsen ist. Die Fotografien bestechen durch grossen Nuancenreichtum und eine Klarheit in der Komposition und entziehen sich jeglichem voyeuristischen Schauen. Den Abbildungen wohnt eine Intensität inne, die für sich spricht. Eindringlicher und ästhetischer lässt sich die Frage nach einer neuen Landschaftskultur in der Schweiz kaum dokumentieren.

 

Mutig und engagiert macht sich Claudia Schildknecht stark – für Ökologie, globale Umwelt- und gesellschaftskritische Themen in der Schweiz und auf der ganzen Welt. Die daraus resultierenden Fotografien sind von hoher inhaltlicher wie technischer Qualität. Für ihre fundierten Recherchen bereist sie auch weit entfernte Länder, fotografiert vor Ort und befragt Fachleute. Neben ihrer eigenen künstlerischen Tätigkeit bietet Claudia Schildknecht auch anderen Kunstschaffenden eine Plattform, so als Mitinitiantin verschiedener Kunstkollektive. Ihr Schaffen ist stets geprägt von respektvoller Anteilnahme, grosser Ernsthaftigkeit und formaler Klarheit.

 

Für ihr von Leidenschaft und zukunftsweisender Nachhaltigkeit geprägtes interdisziplinäres Wirken zeichnet die St. Gallische Kulturstiftung Claudia Schildknecht mit einem Förderpreis aus.

https://www.claudiaschildknecht.com/